Wer ist Gott? Wer ist Allah?Koran und Bibel im Vergleichvon Christiane Schirrmacher [ 1 ] Gott der SchöpferDer wohl wichtigste Lehrsatz islamischer Dogmatik lautet: Es gibt nur einen Gott, und nichts ist ihm gleich (Sure 42,11). Dieser eine Gott ist allmächtig, ewig und allgegenwärtig. Er ist der Schöpfer aller Menschen, gleichzeitig aber hoch erhaben über die Schöpfung und seine Geschöpfe. Er ist ihr Richter am Tag des Gerichts, der „Stunde“, wenn alle Menschen zu ihm „zurückgebracht“ werden (10,56). Er ist jedoch nur ihr Schöpfer, nicht aber ihr Vater.
Gott, der BarmherzigeWährend Nichtmuslime sich manchmal die Frage stellen, ob der Gott des Korans nicht als willkürlich und grausam beschrieben werden könnte, würden Muslime sich mit einer solchen Äußerung mißverstanden fühlen, denn der Koran betont an unzähligen Stellen, daß Gott gnädig und barmherzig ist, ja jede Sure mit Ausnahme von Sure 9 beginnt mit der Wendung „Im Namen Gottes, des Gnädigen, des Barmherzigen“. In Sure 7,156 heißt es von Gott: „Meine Barmherzigkeit kennt keine Grenzen“. Er begegnet den Glaubenden als Wohltäter, als ihr Beschützer, als Verzeihender, Bewahrer, Gütiger, Geduldiger, Liebreicher, Nachsichtiger und Mitleidiger. Diese und andere Namen gehören zu den „99 schönsten Namen Gottes“, mit denen Gott von den Gläubigen angerufen wird. Gott, der ErhabeneGott ist nach Aussage des Korans nicht nur allmächtig, sondern auch allwissend, er weiß um jedes Blatt, das zu Boden fällt (6,59), er ist jedem Menschen „näher als seine Halsschlagader“ (50,16) und ein „Freund der Gläubigen“ (3,68). Ja, der Koran spricht sogar von der Liebe Gottes (3,31). Wenn der Koran allerdings Begriffe wie „Liebe“, „Barmherzigkeit“ oder „Erbarmen“ gebraucht, dann immer vor dem Hintergrund, daß nach Auffassung des Islam Gott absolut transzendent und von der Schöpfung getrennt ist und ein Geheimnis bleibt. Gott offenbart sich in einem Buch - in vollkommener Weise im Koran - das er durch seinen Boten, den Engel Gabriel, den Menschen übermittelt hat, nicht jedoch als Mensch und Geschöpf. In der Bibel dagegen offenbart Gott sich selbst, wird Mensch und Bruder des Menschen (Hebr. 2,11), Geschöpf und Brücke zu Gott. Gott, wie er uns im Koran beschrieben wird, sendet den Menschen Zeichen (16,10-14), aber er selbst bleibt verborgen, unerkannt und unerforscht. Zwischen Gott und Mensch gibt es keine Verbindung, keine Brücke, keine wechselseitige Beziehung.
Gott, der ListigeWenn Gott im Koran als der dargestellt wird, der „Ränke schmiedet“ oder „Listen ersinnt“, wie man auch übersetzen könnte oder es sogar von ihm heißt, „er ist voller Tücke“ (13,13), dann bedeutet diese unumschränkter Allmacht, daß er sich in seinem Handeln auch nichts vorschreiben, aber damit auch nicht festlegen läßt, auch nicht hinsichtlich seiner Entscheidung im Letzten Gericht.
Zwei Bedingungen für die ErrettungDas Paradies erwartet also diejenigen, die „glauben und tun, was recht ist“ (2,25), die Ungläubigen und Frevler dagegen die Hölle. Hieraus ergibt sich eine zweifache Bedingung für die Errettung: Der Glaube und das rechte Tun, also die guten Taten, die im Jüngsten Gericht auf einer Waage gewogen werden. Nur wenn im Gericht die guten Taten eines Menschen seine schlechten überwiegen, wird er Eingang ins Paradies finden. Damit erhalten die „guten Taten“ neben dem Glauben ganz entscheidendes Gewicht. Wer wenig gute Taten tun und z. B. die fünf Säulen des Islam nicht treu erfüllen kann (Bekenntnis zu Gott, täglich fünf Gebete auf arabisch, Fasten im Ramadan, Almosen, Wallfahrt nach Mekka), weil er arm oder behindert ist oder als Frau über kein eigenes Geld für Almosen verfügt, oder die vorgeschriebenen Gebete nicht auf Arabisch kennt, der hat oft wenig Hoffnung, daß Gott ihm gnädig sein wird.
Gespräche mit MuslimenDeshalb: Bei der Frage nach Sündenvergebung und Errettung liegen Möglichkeiten für gute Gespräch mit Muslimen. Wenn die Bibel uns Christen als Kinder des liebenden, himmlischen Vaters beschreibt, der für sie stets das Beste will, so wird damit sehr viel über absolutes Vertrauen, Geborgenheit und Gewißheit in der Beziehung zu Gott ausgesagt (Röm. 8,15): „Wer ist ein Gott wie du, der Schuld vergibt und Vergehen verzeiht dem Überrest seines Erbteils! Nicht für immer behält er seinen Zorn, denn er hat Gefallen an Gnade. Er wird sich wieder über uns erbarmen, wird unsere Schuld niedertreten. Und du wirst alle ihre Sünden in die Tiefen des Meeres werfen“ (Micha 7,18-19), „denn wir haben nicht einen Hohenpriester, der nicht Mitleid haben könnte mit unseren Schwachheiten, sondern der in allem in gleicher Weise wie wir versucht worden ist, doch ohne Sünde. Laßt uns nun mit Freimütigkeit hinzutreten zum Thron der Gnade, damit wir Barmherzigkeit empfangen und Gnade finden zur rechtzeitigen Hilfe“ (Heb. 4,15-16). Weil Gott unser Versagen kennt und versöhnt, sind wir befreit vom Zwang, vor Gott nur mit guten Taten bestehen zu können. Nein, auch mit unserem Versagen nimmt Gott uns an, wenn wir ihn um Vergebung bitten. Das ist eine froh- und freimachende Botschaft, auch für Muslime! [ 1 ] Die Autorin, Prof. Dr. phil. Christiane Schirrmacher studierte Islamwissenschaft, Geschichte und vergleichende Religionswissenschaft in Gießen. Weitere Links zum Thema:
Ist Allah der Gott der Christen?
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