Der "Da Vinci Code" - Behauptungen und Tatsachen

Kritik an einem Film aus dem Jahr 2006



Mittlerweile haben zahlreiche Verlage Bücher auf den Markt gebracht, die sich mit den in Dan Browns Roman Da Vinci Code aufgestellten Behauptungen - die freilich von den fiktiven Figuren diskutiert werden - auseinander setzen. Wir haben die vier wichtigsten Behauptungen aufgegriffen - und stellen die Tatsachen dagegen. Hier ein knapper Exkurs in die Theologie und Kirchengeschichte.


War Jesus mit Maria Magdalena verheiratet?

Maria Magdalena ist die Schlüsselfigur in Dan Browns Roman. Dass sie die Ehefrau von Jesus war und mit ihm Kinder hatte, ist dort ein Geheimnis, das die christliche Kirche angeblich vertuschen will, bis heute. Denn die Ehe Jesu mit Maria Magdalena würde die Lehre von der Göttlichkeit Jesu untergraben. "Da Vinci Code" ist die Geschichte des sagenumwobenen Heiligen Grals, um den sich seit vielen Jahrhunderten Geheimnisse ranken. Nach Dan Brown besteht der Heilige Gral nicht etwa aus einem Gefäß, das beim letzten Abendmahl Jesu mit seinen Jünger genutzt wurde oder in dem das Blut Jesu unter dem Kreuz aufgefangen wurde (zwei der vielen Theorien), sondern in der Person Maria Magdalena und einer königlichen Linie, die ihre Ehe mit Jesus begründet habe. Brown verwendet in seinem Roman das Wortspiel zwischen San Greal ("Heiliger Gral") und Sang Real ("königliches Blut"). Die französische Abstammungslinie Jesu und Maria Magdalenas lebte in Frankreich und reicht bis in die Gegenwart.

Die Idee wird bereits in dem Buch "Der heilige Gral und seine Erben" von Henry Lincoln, Michael Baignet und Richard Leigh als Hypothese angeführt. Das Buch erschien 1980, die Autoren führen einen Plagiatsprozess gegen Brown.

Im "Da Vinci Code" wird weiterhin behauptet, dass Maria Magdalena in dem Abendmahlsgemälde von Leonardo da Vinci dargestellt sei. Sie ist die Person zur Rechten Jesu - die nicht den Jünger Johannes darstellt. Als Beweis führt Brown die V-förmige Linie an, die die beiden Figuren auf dem Gemälde bilden. Das V sei das Symbol des Weiblichen. Da Vinci nun wusste von dem Geheimnis der Ehe zwischen Jesus und Maria Magdalena und versteckte in seinem Gemälde den entsprechenden Hinweis. Daher auch der Name der amerikanischen Originalausgabe des Buches: "The Da Vinci Code".


Tatsache

Maria ist eine von sieben Frauen, die im Neuen Testament mit diesem Namen erwähnt werden. Die Bibelstellen, die Maria "aus Magdala" (wahrscheinlich dem heutigen Migdal am See Genezareth) erwähnen, sagen Folgendes aus: Sie war eine Jüngerin Jesu, die dieser von bösen Geistern befreit hat und die zusammen mit anderen Frauen Jesus und seine Jünger auf ihren Reisen begleitet hat. Maria Magdalena war bei der Kreuzigung zugegen, ebenfalls zusammen mit anderen Frauen, deren verwandtschaftliche Beziehung zu Männern erwähnt wurde, die den Autoren der Evangelien bekannt waren. Sie wird, wie andere Frauen auch, in den Passagen über die Grablegung erwähnt und erscheint in allen vier Evangelien als eine Zeugin der Auferstehung Jesu. Auch in außerbiblischen Texten - von Kirchenvätern etwa - wird Maria Magdalena erwähnt. Jedoch findet sich in keinem einzigen Bericht irgendein Hinweis darauf, dass sie mit Jesus verheiratet war. Keinem Wissenschaftler oder Neutestamentler ist ein Fragment oder Text der vergangenen 2.000 Jahre bekannt, in dem auch nur das geringste Indiz für eine Ehe Jesu enthalten ist.




Wer ist die Prieure de Sion?

Interessanterweise beruft sich Dan Brown auf den ersten Seiten seines Buches auf die wahre Bruderschaft von Zion (Prieur de Sion), die die Aufgabe hatte, das Geheimnis um die Ehe Jesu mit Maria Magdalena und deren Nachkommen von Generation zu Generation weiterzugeben. Dieser Geheimbund sei bereits 1099 gegründet worden. Mitglieder waren berühmte Persönlichkeiten wie Isaac Newton, Victor Hugo und eben Leonardo da Vinci (der sein Wissen in seinen Bildern versteckt weitergab). Auch das Buch "Der Heilige Gral und seine Erben" baut auf der Behauptung einer jahrhundertealten Prieure de Sion auf.


Tatsache

Es ist erwiesen, dass die Bruderschaft erst 1956 von dem französischen Fälscher und Betrüger Pierre Plantard gegründet wurde. Bereits in den 90er Jahren ist der Betrug aufgeflogen. Der Franzose hatte 1989 den kurz zuvor verstorbenen Geschäftsmann Roger-Patrice Pelat, einen Freund Francois Mitterands, zu einem "Großmeister" seiner Bruderschaft ernannt. "Pelat hatte allerdings im Mittelpunkt eines Finanzskandals gestanden und Selbstmord begangen. Bei der Untersuchung des Falls musste auch Plantard vor Gericht und gestand dort unter Eid, dass die Bruderschaft von Zion seine Erfindung war. In seinem Haus fanden sich etliche gefälschte Urkunden zu der fiktiven historischen Bruderschaft", schrieb erst kürzlich neben anderen die "Süddeutsche Zeitung". Doch auch die-se Fakten scheinen nicht zu Dan Brown vorgedrungen zu sein - oder er hat sie, wie viele andere auch, schlichtweg ignoriert.




Konstantin und die Evangeliensammlung

Teabing, eine Romanfigur, behauptet in "Da Vinci Code" in seinen Ausführungen über das Konzil von Nizäa 325 n. Chr.: "Konstantin gab eine neue Evangeliensammlung in Auftrag, die er obendrein finanzierte. In dieser Sammlung durfte keine jener Darstellungen aufgenommen werden, in denen Jesus als Mensch gesehen wurde, während alles, was ihn in ein göttliches Licht rückte, besonders hervorzuheben war. Die früheren Evangelien wurden geächtet, konfisziert und verbrannt." Dabei erwähnt Teabing auch die Funde von Nag Hammadi und meint, dass der Vatikan alles unternommen habe, um diese Funde geheim zu halten. Für ihn sind das Neue Testament und die Lehre von der Göttlichkeit Jesu ein Produkt von Kaiser Konstantin und dem Konzil von Nizäa 325. Bis dahin, so Teabing, "wurde Jesus von seinen Anhängern als sterblicher Prophet betrachtet". Es geht aber um die Machtfrage: Jesus wurde in Nizäa per Abstimmung zum Sohn Gottes gemacht. Konstantin habe Jesus "erst vier Jahrhunderte nach der Kreuzigung zum Gottessohn erhoben... ein Coup, der zur Schicksalsstunde des Christentums wurde." Das Christentum, wie wir es heute kennen, sei also eine Schöpfung des 4. Jahrhunderts nach Christus, nicht des ersten.


Tatsache

Haltlose Behauptungen: Allein die Briefe von Paulus datieren zwischen 50 und 68 n. Chr. Theologen sind sich einig, dass der Apostel in Passagen deutlich die Bekenntnisse der damaligen Christen zusammenfasste. So in 1. Korinther 8, 5-6, wo Paulus festhält, dass er und die übrigen Christen den einen Gott und einen Herrn Jesus Christus anbeten. Der Titel "Herr" steht in der griechischen Übersetzung des Alten Testamentes oft für "Gott". Wenn Paulus Jesus Christus also "Herr" nennt, betont er seine Göttlichkeit. Es gibt noch viele weitere Hinweise in der Bibel, in den Schriften der Kirchenväter und anderen. Die Vorstellung, dass Jesus göttlich ist, kam nicht durch Mehrheitsbeschluss in Nizäa 300 Jahre nach Jesus zustande. Und auch die Bücher des Neuen Testamentes wurden nicht auf diesem Konzil oder von Kaiser Konstantin festgelegt, sondern entstanden in einem Prozess zwischen der Niederschrift der Briefe und Evangelien und ihrer vollen Anerkennung als kanonisch in der Mitte des 4. Jahrhunderts. Die erste Auflistung der vollständigen Liste aller 27 Bücher des Neuen Testamentes findet sich in einem Brief des Patriarchen Athanasius von Alexandrien aus dem Jahr 367 n. Chr., also 40 Jahre nach Nizäa. Die Bücher etablierten sich über einen langen Zeitraum aufgrund ihrer Ursprünge (von Aposteln geschrieben), ihres Inhaltes, ihrer Verbreitung in den Gemeinden und ihres häufigen Gebrauchs als Hauptquellen über das Leben Jesu und sein Handeln.




Was sind die "geheimen Evangelien"?

Dan Browns Romanfigur Teabing, der als massiver Kritiker des Christentums und Verfechter von Verschwörungstheorien auf-tritt, wird eine der interessantesten Behauptungen des Romans in den Mund gelegt: Es habe "mehr als achtzig Evangelien" gegeben, "die für das Neue Testament zur Auswahl standen", aber nur ganze vier Evangelien wurden in die Bibel aufgenommen.


Tatsache

Dan Brown bezieht sich hier auf die gnostischen Evangelien, die 1945 bei Nag Hammadi in der ägyptischen Wüste entdeckt wurden. Die Gnostiker waren eine im 2. und 3. Jahrhundert nach Christus auftretende Gruppierung, die ihre eigene Version des Evangeliums niedergeschrieben hatte. Gnostiker werden sehr häufig von Kirchenvätern wie Irenäus (ca. 130-200 n. Chr.), Hippolyt (ca. 170 - 236) und Tertullian (ca. 160-220) erwähnt. Die Kirchenväter spielten eine zentrale Rolle bei der Formulierung des Glaubens der frühen Kirche. Bereits Irenäus hatte im Vorwort zu seinen "Büchern gegen die Häresien" angegeben, gegen die zu schreiben, die unter dem Deckmantel eines speziellen "Wissens", einer "Erkenntnis" ("Gnosis") viele Menschen vom wahren Glauben abbringen wollen.

Doch zunächst zu den Zahlen: es ist keineswegs so, dass in Nag Hammadi "mehr als 80 Evangelien" gefunden wurden, schon gar nicht ist diese Zahl von Evangelien bekannt. Unter den 45 Schriften der Gnostiker werden nur vier als Evangelien bezeichnet. Die umfassendste Liste mit 60 außerbiblischen Dokumenten legte der Harvard-Professor Helmut Koester 1980 vor - die allermeisten sind keine Evangelien.

Dan Brown - oder seine Romanfigur Teabing - will mit dieser Behauptung jedoch sagen, dass die Evangelien der Gnostiker von der Kirche unterdrückt und schließlich zugunsten der biblischen Evangelien verdrängt worden seien. Doch in den gnostischen Evangelien geht es an keiner Stelle um eine mögliche Ehe Jesu mit Maria Magdalena. Es gab nie eine Diskussion darüber, diese Texte in den Kanon der Bibel aufzunehmen. Die Gnostiker lehrten ein Gottesbild, das sich radikal von dem der christlichen Kirchen und Glaubensbekenntnisse unterscheidet. Ihnen ging es um die Unterscheidung der Welt des Geistes und einer verdorbenen Welt der Materie. Der "eigentliche", wahre Gott gehört zur Geisteswelt und ist strikt von dieser getrennt. Aus diesem Grund unterscheiden die Gnostiker zwischen einem körperlichen Leib Jesu, der am Kreuz hing, und seinem wahren, geistigen Leib, der zuschaute, als sein Körper gekreuzigt wurde.


Literatur

Darrell L. Bock, Die Sakrileg-Verschwörung - Fakten und Hintergründe zum Roman von Dan Brown, 160 Seiten, Pb., 12.95 Euro, Brunnen-Verlag, Gießen 2006, ISBN 3-7655-1926-X

Alexander Schick, Das wahre Sakrileg - Die verborgenen Hintergründe des Da-Vinci-Codes. Das Geheimnis hinter Dan Browns Weltbestseller, 173 S. m. zahlr. Abb., kt. m. zahlr. Abb., 7,95 Euro, Knaur Taschenbücher Bd.77955 2006, ISBN 3-426-77955-2



Mit freundlicher Genehmigung von "Christliches Medienmagazin PRO (Kep) - Ausgabe 2/2006



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Ins Netz gesetzt am 06.06.2006; letzte Änderung: 30.12.2016

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