Christoph Koehler (1860 - 1922)

Ein kurzer Lebenslauf einer der ersten Lehrer an den "Bibelschule Wiedenest"


Herkunft und Bekehrung

Die »Allianz-Bibelschule« wurde 1905 in Berlin in einer Zeit geistlichen Aufbruchs gegründet. Christoph Köhler, der erste theologische Lehrer und Leiter dieser, später (1919) nach Wiedenest im Oberbergischen verlegten Bibelschule, hatte als Pfarrer in der Landgemeinde Schildesche bei Bielefeld seinerseits eine Erweckung erlebt.

Christoph Köhler stammte aus einer gläubigen Seefahrer-Familie in Pommern. Sein Vater, Heinrich Köhler, kam auf einer seiner Seereisen im Londoner Hafen durch die Seemannsmission mit dem Evangelium in Berührung. Er wurde davon getroffen und vernahm den Ruf Gottes, jedoch ohne daraus Konsequenzen zu ziehen. Erst als er auf der weiteren Seereise durch einen Sturm in Lebensgefahr geriet, legte er sein Leben bewußt in Gottes Hand und verband damit den Entschluß, Ihm zu dienen. Nach einer diakonischen Ausbildung trat er in den Dienst der Inneren Mission. Er wurde zunächst Leiter des Waisenhauses in Kleve, später in Buchenschachen bei Saarbrücken.


Erweckung und Widerstand

Christoph Koehler Als ältester Sohn von sechs Geschwistern wurde Christoph am 14.11.1860 geboren. Seine Eltern weihten ihn bewußt Gott und wünschten sich, daß er Pfarrer werden sollte. Christoph nahm als Junge den Konfirmandenunterricht sehr ernst und vollzog eine entschiedene und bleibende Hingabe an den Herrn Jesus Christus. Er studierte Theologie in Erlangen, Bonn und Halle. Hier arbeitete er als Hilfsprediger und heiratete 1890 Charlotte von Werthern, die unter der evangelistischen Verkündigung von Elias Schrenk in Elberfeld zum lebendigen Glauben gekommen war. Er fand in ihr eine treue Lebensgefährtin, die mit ganzem Herzen an seinem Dienst Anteil nahm.

Danach wurde Christoph Köhler als Seelsorger an das Gefängnis in Herford berufen, wo er fünf Jahre den Strafgefangenen das Evangelium predigte und viele seelsorgerliche Gespräche mit ihnen führte. Vielen Sträflingen hat er zum persönlichen Christusglauben helfen können.

Schließlich, 1895, erfolgte die Berufung in das Pfarramt an der evang. lutherischen Stiftskirche in Schildesche. Das Pfarrhaus wurde zu einem geistlichen Zentrum. Pfarrer Köhler wirkte in Schildesche und weit darüber hinaus: durch seine erwecklichen Predigten, durch Hausbesuche, in Bibelstunden, Jungmänner- und Mädchengruppen sowie in Blaukreuzvereinen. Er stand mit seinem Schwager Pastor Ernst Lohmann in enger Verbindung, der vom Halerhof bei Schildesche aus den »Hilfsbund für Christliches Liebeswerk im Orient«, eine Arbeit unter den bedrängten armenischen Christen, leitete. Anfang 1900 zog Lohmann nach Freienwalde und verlegte das Büro nach Frankfurt a.M. Pastor Köhler wollte sich zu dieser Zeit ebenfalls versetzen lassen, da er sich der riesigen Arbeit gesundheitlich nicht gewachsen fühlte; vor allem aber litt er unter dem Verhalten des Presbyteriums und seines Amtskollegen in Schildesche. Dieser zeigte für Köhlers biblisch-erweckliches Wirken nicht nur kein Verständnis, sondern stellte sich aktiv dagegen. Das Konsistorium sandte zunächst einen Hilfsprediger und genehmigte Pastor Köhler einen Urlaub.

Als Frucht der langjährigen treuen Arbeit Köhlers unter der Bevölkerung von Schildesche, besonders in unzähligen Gemeinschaftsstunden und seelsorgerlichen Gesprächen, kam es 1903 zu einer tiefgreifenden Erweckung. 1902/1903 fand für Schildesche und Umgebung eine besondere Evangelisation mit Evangelist Heinrich Kaul aus Beck statt. Da das Presbyterium diese Arbeit nicht gern sah, wählte man dafür einen größeren Gasthaussaal. Kaul sprach fortlaufend über das Gleichnis vom verlorenen Sohn. Es kam zu Nachversammlungen; allabendlich blieben viele zum Gebet und zu Aussprachen zurück. Auch nach der Abreise des Evangelisten kam es täglich zu neuen Bekehrungen. Innerhalb von zwei Wochen bekannten etwa 200 Menschen, Frieden mit Gott gefunden zu haben. Und fast alle bewiesen durch ihr verändertes Leben, daß die Gnade Gottes sie wirklich erreicht hatte.

Leider führte das unter dem Einfluß des anderen Ortspfarrers zur Feindschaft des gesamten Presbyteriums. Als man nach Beendigung der Evangelisation die Versammlungen in gewohnter Weise im Gemeindehaus fortsetzte, wurde zwei Brüdern mit der Begründung, daß sie »Laien« seien, durch Beschluß des Presbyteriums das öffentliche Beten verboten. Dem damaligen Pfarramtskandidaten Johannes Warns wurde das Reden und Beten und schließlich das Betreten des Gemeindehauses untersagt.


Bauerntenne und Gemeinschaftshaus

Die Gemeinschaft, die aus dem Blaukreuzverein entstanden war und die durch die vielen hinzugekommenen Neubekehrten an Zahl stark gewachsen war, stand nun vor der Frage, ob sie sich diesem Beschluß fügen wolle oder nicht. Dem Ortspfarrer Köhler selbst konnte man natürlich Reden und Betreten des kirchlichen Gemeindehauses nicht verbieten. Aber er und die ganze Gemeinschaft verzichteten lieber auf dieses Haus als auf die freie Gestaltung ihrer Zusammenkünfte. Zunächst fanden die Versammlungen in der Scheune der Landwirtswitwe Heidemann statt. Die Besucherzahl nahm durch Gäste aus der Umgebung weiter zu. Gott bekannte sich in wunderbarer Weise zur Verkündigung des Evangeliums auf dieser Bauerntenne.

Viele Menschen kamen zum lebendigen Glauben. Auf dem Grundstück von Frau Heidemann baute die Gemeinschaft schließlich ihr eigenes Versammlungshaus.

Aufgrund einer, an Hand der Bibel aufgestellten Glaubensbasis, die vier Punkte enthielt, schlossen sich die Gläubigen zu einer festen Gemeinschaft zusammen. Die Punkte sprechen von der rettenden Gnade Gottes, dem persönlichen Glauben und der Gewißheit des Heiles, von dem neuen Leben in der Heiligung, von der Gemeinschaft der Gläubigen und von der Verpflichtung zur Mitarbeit an der »Rettung derer, die noch ohne die Erfahrung der Gnade Gottes dahinleben«. Noch im selben Jahr, am 8.11.1903, fand die feierliche Einweihung des neuen Versammlungshauses statt. Christoph Köhler predigte vor etwa 500 Teilnehmern über Matth. 17, 8: »Jesus allein!« Eine Glaubens- und Heiligungskonferenz schloß sich an. Eine Kleinkinderschule wurde eingerichtet. Durch Pastor Krawielitzky erhielt man eine Vandsburger Schwester. Auch begann die Gemeinschaft jetzt eine planmäßige Schriften-Kolportage.

Auch weiterhin fehlte es nicht an Auseinandersetzungen mit den kirchlichen Behörden. Aber man ließ sich das Recht nicht streitig machen, hin und her in den Häusern zusammenzukommen. Bekannte Männer der Evangelischen Allianz besuchten die Schildescher Gemeinschaft und verkündigten das Evangelium.

Ernsthaft erwogen Köhler und Warns den Gedanken an die Gründung eines Brüderhauses zur Vorbereitung auf den Evangelistendienst. Aber dann hätten sie Schildesche schon damals verlassen und Pastor Köhler sein Pfarramt niederlegen müssen. Inzwischen setzte der Superintendent das Verbot durch, Versammlungen ohne Einverständnis der jeweiligen Ortspfarrer abzuhalten.

Seit Mai 1904 gab Warns Hefte heraus unter dem Titel »Wahrheit in der Liebe« (bis 1908). In den ersten Heften ist auch einiges über die Schildescher Bewegung mitgeteilt, z.B. »über den Zusammenhang unserer Gemeinschaftsbewegung mit den altevangelischen Gemeinschaften vor und während der Reformation« (Wycliff, Hus, Kaspar von Schwenkfeld, Hubmaier, Gemeinschaften in Schlesien), »Ist die Volkskirche gewollt?«, »Grundzüge und Grundsätze einer christlichen Gemeinde oder Gemeinschaft« ...

Köhler, Warns und die ganze Gemeinschaft arbeiteten trotz aller Anfeindungen und Verleumdungen weiter. Sie gewannen immer größere Klarheit über ihr Verhältnis zur Staats- und Landeskirche. Und Pastor Fleisch hat recht darin, daß »der mit Feuer und Flamme auf die moderne Bewegung eingegangene Pfarrer Köhler ... in der Verfassung der Volkskirche einen krassen Widerspruch zu den in der Heiligen Schrift geoffenbarten Grundzügen der christlichen Gemeinde« sah. Köhler selbst hat über die schweren inneren Kämpfe, durch die er seit Jahren ging, wenig geredet, aber wohl umso mehr gebetet. Der beständige Konflikt mit seinem Kollegen in Schildesche, der ihm in den Sitzungen scharf entgegentrat und von der Kanzel öffentlich widerrief, was Köhler verkündigt hatte, quälte den von Natur rücksichtsvollen und zartempfindenden Mann und machte ihn krank. Streitsucht und Rechthaberei lagen ihm fern. Aber er stand mit unbedingter Treue zu seiner aus der Heiligen Schrift gewonnenen Überzeugung. Auch liebte er alle Gläubigen ohne Unterschied der Parteien und suchte mit ihnen Gemeinschaft, wo sich dazu Gelegenheit bot. Besondere Treue bewies er bei den Hausbesuchen. Er war von heiligem Ernst erfüllt und wollte dem HErrn dienen und nicht Menschen gefallen.


Niederlegung des Pfarramtes

Am 7.2.1905 überraschte Christoph Köhler Gemeinde und Kirchenbehörde mit der Mitteilung, daß er sein Pfarramt niederlege. Er selbst hat dazu folgende Erklärung abgegeben:

»Am 7. Februar 1905 habe ich dem Königlichen Konsistorium zu Münster angezeigt, daß ich aus Gewissensbedenken, die sich auf die Verfassung sowie auf die Abendmahls-, Konfirmations- und Taufpraxis der Kirche beziehen, mein Amt als Pfarrer der Landeskirche niederlege.

Bei der Besprechung eines solchen Falles pflegen sich allerlei schiefe und ungerechte Urteile zu bilden, die nur zu leicht bei Unkundigen Ärgernis erregen. Dem möchte ich, soviel als möglich, vorbeugen, indem ich die Hauptbeweggründe zu diesem meinem Schritt öffentlich darlege.

Daß die Verfassung und die durch sie festgelegten Einrichtungen der Volks- und Staatskirche den in der Heiligen Schrift geoffenbarten Grundzügen der christlichen Gemeinde nicht entsprechen, ist eine längst anerkannte Tatsache, über die man kein Wort zu sagen braucht. Die Volkskirche müßte aufhören, Volkskirche zu sein, sobald sie ernstlich daran ginge, alles nach dem Wort und Geist Gottes zu ordnen. So würde z.B. die mildeste Handhabung einer wirklichen Gemeinde- und Abendmahlszucht unfehlbar dahin führen, daß 3/4 oder 9/10 oder 99/100 der in den Volkskirchenlisten eingetragenen Namen gestrichen werden müßten. Deshalb bin ich weit entfernt, die Kirchenbehörde, deren Untergebener ich bis jetzt war, anzuklagen. Sie hätte mich bei ihrem weitesten Entgegenkommen und bei der größten Schonung meines Gewissens aus der peinlichen Lage nicht befreien können, in welcher ich bei Ausübung der kirchlichen Amtshandlungen mich befand.

Als Pastor der Volkskirche mußte ich alljährlich zu einer bestimmten Stunde die der Schulpflicht entwachsenen Knaben und Mädchen meines Amtsbezirks unter Gebet und Handauflegung als mündige Christen und vollberechtigte Glieder in die Kirche aufnehmen, obgleich ich fest überzeugt war, daß die meisten ohne wahren Glauben und inneres Verständnis das ihnen abgenötigte Gelübde aussprachen. Ich mußte sehr oft Brautpaare, welche die Sünde zusammengeführt hatte und welche die kirchliche Trauung lediglich als Dekoration ihrer weltlichen Hochzeit begehrten, im Namen des Dreimalheiligen als christliche Eheleute zusammensprechen. Ich mußte allen dem Altar Nahenden das Abendmahl geben, gleichviel ob sie Kinder Gottes oder Weltkinder, unbußfertige Sünder, Spötter und Gottesleugner waren. ich durfte wohl in der Predigt warnen vor dem Mißbrauch dieser kirchlichen Einrichtung, ich durfte in der sogenannten Beichte auf die Folgen des unwürdigen Abendmahlsgenusses hinweisen; dann aber mußte ich wohl oder übel die meist nur nach kirchlicher Sitte gewohnheitsmäßig Hinzutretenden unter Gebet und Anrufung des heiligen Gottes bedienen. Ich sah sie vor mir, die armen betrogenen Seelen, die, so ernst ich auch warnte, unter dem ehernen Bann kirchlichen Herkommens stehend, sich selbst zum Schaden von ihren kirchlichen Rechten Gebrauch machten und dabei nur immer tiefer hinuntersanken in die Nacht kirchlichen Aberglaubens und Todesschlafes. Ich warnte sie vor etwas, das ich ihnen schließlich doch geben mußte. Ich kam mir je länger je mehr vor wie ein Vater, der mit der einen Hand seine törichten Kinder von einer ihnen gefährlichen Arznei abwehrt und mit der anderen Hand sie ihnen in den Mund führt. Und bei all diesem Zertreten des Heiligtums die Anrufung des Heiligen, die Anwendung des Wortes Gottes.

Ich darf annehmen, daß alle Kinder Gottes, die diese Erklärung lesen, daß insbesondere meine Glaubensbrüder, die im kirchlichen Pfarramt gestanden haben oder noch stehen, diese meine Gewissensnöte, meine Seufzer und Gebete, meine Kämpfe und Leiden verstehen können.

Ich kenne aus Erfahrung die verschiedenen Einwände und Ausflüchte, womit man sich in solcher Lage zu trösten und zu rechtfertigen pflegt. Aber sie sind doch im letzten Grunde nur notdürftige Pflaster, mit denen man tiefe, schmerzende Wunden zu überkleben sucht. Ich habe alle diese Pflaster auf den Rat guter mitfühlender Freunde hin angewendet; aber die Wunde fraß nur tiefer, und ich mußte mich schließlich zur Operation entschließen. So kam es zur Niederlegung meines Pfarramtes.

Ich werde, so lange der HErr mir nicht andere klare Weisung gibt, zunächst meine Arbeit in Gemeinschaft mit vielen Kindern Gottes, die der HErr hier in Schildesche und Umgebung in den letzten Jahren gesammelt hat, ruhig weiterführen. Die Geschwister der Gemeinschaft, denen ich mit großer Freude dienen durfte, welche mit mir unter der Fahne Jesu kämpften und mit mir Freud und Leid teilten, würden es nicht verstehen und leicht Ärgernis nehmen, wenn ich sie nun, da ich auf Wohnung, Gehalt und Pension der Landeskirche verzichten muß, verlassen würde. Der HErr ist unter großen Kämpfen und Anfeindungen so sichtlich mit uns gewesen, daß es sträflicher Unglaube wäre, irgendwie zaghaft zu sein. Er ist allmächtig und reich, und es ist unser herrlichstes Vorrecht, Ihm bedingungslos zu vertrauen, Ihm dienen zu dürfen, für Ihn zu leiden und Ihm zu folgen, wohin es auch geht. Sein Name werde gepriesen und verherrlicht in der Gemeinde!«

Diese Amtsniederlegung bedeutete Verzicht auf Gehalt und Pension. Innerhalb weniger Wochen mußte Christoph Köhler mit seiner Familie das Pfarrhaus in Schildesche verlassen. Er ist den Weg kompromißloser Oberzeugungstreue gegangen - in dem zuversichtlichen Glauben, daß der HErr ihm helfen werde.

Die Gemeinschaft in Schildesche entwickelte sich weiter und besteht heute noch als Landeskirchliche Gemeinschaft.


In einem weiten Raum

Im April 1905 kam es zur Gründung der Bibelschule in Berlin. Es war eine Zeit besonderen geistlichen Aufbruches in den Kreisen der Evangelischen Allianz. Es ging damals vor allem um drei biblische Wahrheiten: Christus, der Retter von heute und jetzt; die Sammlung der neutestamentlichen Gemeinde im Blick auf die nahe Wiederkunft Christi und die Verkündigung des Evangeliums bis an die Enden der Erde. Von dieser Bewegung des Geistes wurden auch weite Gebiete Osteuropas ergriffen. Sowohl unter der Landbevölkerung Süd-Rußlands als auch in Nord-Rußland kam es zu tiefgreifender Evangelisierung. An vielen Orten bildeten sich aus neubekehrten, lebendigen Christen kleinere und größere Gemeinden. Bald aber setzten durch die zaristische Regierung Verfolgungen ein. Die Absicht, junge Brüder für den Dienst vorzubereiten, konnte deshalb im Lande selbst nicht verwirklicht werden.

Der Evangelist Dr. Friedrich Wilhelm Baedeker, der den Offenen Brüdern angehörte, brachte dieses Anliegen von seinen Missionsreisen in Rußland mit nach Berlin und setzte sich zusammen mit den bekannten Allianzmännern General Georg von Viebahn (Elberfelder Brüder), den Missionsinspektoren Mascher und Simoleit (Kamerun-Mission der Baptisten), Freiherr von Thümmler und von Thiele-Winckler (Bruder der bekannten »Mutter Eva«) und Bernhard Kühn, dem Liederdichter und Herausgeber des Evangelischen Allianzblattes, für die Gründung einer Bibelschule zur Ausbildung dieser jungen Männer. Die Gründungssitzung fand am 4. April 1905 in Berlin in der Wohnung von Toni von Blücher, einer Großnichte des bekannten Feldmarschalls von Blücher, statt. Pastor Christoph Köhler, dessen Amtsniederlegung inzwischen bekannt geworden war, wurde zum Leiter und Lehrer der Schule berufen, bald danach auch sein Mitarbeiter Johannes Warns.

Am 5. September 1905 eröffneten Köhler und Warns den ersten Bibelschulkursus im Beisein von Viebahn und Kühn in Steglitz mit 12 Schülern. Die Eröffnungsfeier fand im Saal der von Toni von Blücher gegründeten "Christlichen Gemeinschaft" (Offene Brüder) Hohenstaufenstr. 65 statt. Bald darauf wurde die Bibelschule in das Haus Hohenstaufenstraße verlegt. Die Schule begann ihre Arbeit zunächst unter dem Namen »Allianz-Bibelschule«, der 1911 in »Bibelschule für Innere und Äußere Mission« geändert wurde.

Die Väter des Bibelschul-Missionswerkes standen bewußt auf dem Boden der Heiligen Schrift, die sie gemäß Satzung »als alleinige Regel und Richtschnur des Glaubens und Lebens« anerkannten. »Der göttliche Ursprung, die Unantastbarkeit, die Autorität und allseitige Genugsamkeit der Heiligen Schrift« mußte von jedem Lehrer anerkannt werden. Als Ziel nannte die Satzung, »die Schüler so auf den Boden der ganzen Schrift zu stellen, daß dieselben als gegründete Bibelchristen in ihrer Heimat dienen können, als Menschen, die in Wahrheit mit ihrem Gewissen nur gebunden sind an den gegenwärtigen HErrn und an Sein unantastbares Wort«. Konfessionelle und nationale Unterschiede bildeten bei der Aufnahme kein Hindernis.

Von dem aufzunehmenden Schüler wurde erwartet, daß er »wahrhaft bekehrt ist, hinreichende Beweise eines entschiedenen Christenlebens gegeben hat, eine genügende Begabung besitzt, um für den Dienst am Evangelium verwendbar zu erscheinen und im Werke des HErrn irgendwie tätig gewesen ist«. Man einigte sich darauf, daß die Bibelschule für die Absolventen nicht die Verpflichtung einer späteren Anstellung über nimmt und »daß die Bibelschule nicht nur Evangelisten und Prediger ausbilden soll, sondern daß sie auch solchen Brüdern Handreichung tun will, die in ihren Beruf zurückkehren wollen, um so dem HErrn zu dienen«. (25.6.1906)

Christoph Köhler leitete die Bibelschule von 1905 bis 1919 in Berlin, danach diente er in der Gemeinde Hohenstaufenstraße. Die Zahl der Schüler stieg von 12 auf 30, sie kamen aus dem gesamten osteuropäischen und aus dem deutschen Raum.

Köhlers Frau Charlotte, »Mutter Köhler« (und später in Wiedenest »Großmutter«) genannt, war ihrem Mann eine treue, verständnisvolle Gehilfin. Es gab sehr viel Gelegenheit, Gastfreundschaft zu üben. Dauernd kamen und gingen Gäste aus vielen Ländern. Bei den Mahlzeiten waren durchweg 50 bis 60 Personen zu betreuen. Die zentrale Lage der Reichshauptstadt begünstigte diese ständigen Kontakte. Köhler selbst unternahm Reisen nach Bußland, Ost- und Süd-Osteuropa, nach Skandinavien, England, Holland und in die Schweiz. So wirkte der Mann aus Schildesche nun in einem weiten Raum. Oft sprach er auf Konferenzen im In- und Ausland; dabei blieb er mit der Gemeinschaft in Schildesehe zeitlebens eng verbunden.


Nach Wiedenest

Während des Krieges 1914 bis 1918 kehrten die Schüler bis auf zehn in ihre Länder zurück. Der »Rest« wurde im Landhaus von Mutter Köhler in Thüringen untergebracht. Christoph Köhler arbeitete mit im Garten und auf dem Feld. 1917, nach der Oktober-Revolution, mußten dann auch die russischen Brüder in ihr Land zurückkehren. Die Gründer bewegte die Frage, was Gott nun mit der Bibelschule vorhabe. Schon aus wirtschaftlichen Gründen mußte man die Großstadt Berlin verlassen. Da öffnete sich in Wiedenest bei Bergneustadt, im Oberbergischen Kreis, eine neue Möglichkeit. Am 19. März 1919 konnte ein geeignetes Gasthaus erworben werden.

Weder der Stammsitz der Familie von Werthern in Thüringen (Mutter Köhlers Familie), noch Ungarn, wo eine Gräfin ihr Landhaus zur Verfügung stellen wollte - sondern Wiedenest wurde eine neue Heimat der »Bibelschule für Innere und Äußere Mission«, die seit 1952 »Missionshaus Bibelschule Wiedenest« heißt.

Nach der Verlegung der Schule im Jahre 1919 übergab Christoph Köhler aus Gesundheitsgründen die Leitung seinem Mitarbeiter Johannes Warns. Zeitweilig kam er noch zum Unterricht nach Wiedenest, im übrigen blieb er im Gemeindedienst in der Hohenstaufenstraße in Berlin. Bei einem Besuch in Wiedenest anläßlich der Konferenz 1922 ist er hier am 29. Oktober desselben Jahres heimgegangen.

Was alle, die Christoph Köhler gekannt haben, am meisten beeindruckte, war seine große Bescheidenheit und Demut. Da war kein Amtsbewußtsein, kein Gefühl der Überlegenheit durch Wissen und Erfahrung. Er war ein Vorbild in seiner Selbstlosigkeit, Besonnenheit und Kompromißlosigkeit. Seine Schüler haben immer wieder dankbar bestätigt, daß er ihnen ein treuer Berater und Seelsorger war. Christoph Köhler war unbedingt wahrhaftig und lauter. Er war sich zutiefst bewußt, daß alles, was Wert hat, nur Wirkung der Gnade sein kann. Diese strahlte er im hohen Maß aus.

Ein früherer Bibelschüler schrieb nach einem Ehemaligentreffen und anläßlich des 50. Todestages von Christoph Köhler: »Der Tag in Wiedenest erwärmte mich innerlich... Mögen die Brüder den Mut nicht verlieren, neben dem Evangelium von der Rettung auch das Zeugnis über die Gemeinde nicht zu vernachlässigen! Beides gehört zusammen. Es gilt, die Wahrheit festzuhalten, freilich in Liebe.«

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Ins Netz gesetzt am 27.04.2005; letzte Änderung: am 02.11.2022

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