Geschichte der Mormonen
Kurzer geschichtlicher Abriss über die Sekte der sogenannten Mormonen
Der Gründer der Mormonen
Am 23. Dezember 1805 erblickte in Sharon/Vermont der Amerikaner Joseph Smith das Licht der Welt. Er war das vierte von neun Kindern des Ehepaares Lucy (geb. Mack) und Joseph Smith sen.
Anfänge als Schatzsucher
Smith wuchs in einer Familie auf, in der Aberglaube und religiöse
Unruhe bestimmend waren. Von seiner Mutter Lucy schien er wohl auch
die Neigung zu überschwenglichen Phantasien und Irrationalität geerbt
zu haben, die ihn ab seinem 15. Lebensjahr zum »Wahrsager« und
»Schatzsucher« werden ließ. Mit Hilfe eines Kristalls versuchte er,
»in der Erde verborgene Schätze« aufzuspüren, was ihm den Spitznamen
»Peepstone Joe« (Guckstein Joe) eintrug. 1826 mußte er sich wegen
damit verbundener Betrügereien vor dem Gericht in Bainbridge/N.Y.
verantworten, wurde schuldig gesprochen, wegen
seines Alters aber nur zu einer kleinen Geldstrafe verurteilt.
Suche nach der wahren Kirche
Auf diesem Hintergrund muß auch die Entstehungsgeschichte der neuen Bewegung verstanden werden.
In jungen Jahren war Joseph Smith von der Frage ergriffen, welche der vielen,
sich um neue Mitglieder bemühenden Kirchen, »die wahre« sei.
Dieser wollte er sich zuwenden. Die Eltern und einige Geschwister
hatten sich schon von den Presbyterianern »bekehren« lassen.
"Antwort" von "Gott"
Im Frühjahr 1820, so berichtet Joseph Smith, habe er dann die Antwort erhalten:
Während eines Gebetes in einem Wäldchen am Rande seines Wohnortes
Manchester/N.Y. seien ihm in einer Vision »Gott der Vater« und »Jesus
Christus« erschienen. »Gott« habe ihm geraten, sich keiner der
bestehenden Kirchen anzuschließen, da sie sich alle im Irrtum«
befänden und ihre Bekenntnisse »ein Greuel in seinen Augen« seien.
"Größtes Ereignis" der Weltgeschichte
Diese sogenannte »Erste Vision«, von den Mormonen heute als »das größte Ereignis
in der Geschichte der Menschheit seit der Auferstehung Jesu« eingestuft
(Church News, 7. April 1990), wurde von Joseph Smith erst 1842 in einer
von ihm herausgegebenen Zeitschrift veröffentlicht.
Klar nachgewiesene Fälschung!
Anfang der 60er Jahre der 20. Jahrhunderts stieg ein mormonischer Student der
Brigham-Young-Universität/Provo in den sekteneigenen Archiven in
Salt Lake City auf ein Dokument, das eine aus dem Jahre 1833
stammende und bis 1965 unveröffentlichte Fassung der »Ersten Vision«
enthält. In diesem inzwischen von mormonischen Fachleuten als echt
anerkannten Schriftstück ist keine Rede von Kirchen, deren Bekenntnisse
vor Gott »ein Greuel« seien, sondern nur allgemein von Menschen,
die Gottes Gebote nicht halten. Außerdem erwähnt Joseph Smith nur die
Erscheinung »Jesu Christi«, die er gehabt haben wollte, nicht
jedoch diejenige »Gottes des Vaters«. Hier liegt eine eindeutige
Manipulation des »Propheten« vor (wie sie auch an anderen Stellen
nachzuweisen ist), um die Gründung einer neuen Religion zu rechtfertigen.
Erscheinung des Engels Moroni
Laut Aufzeichnungen Smiths erschien ihm am 21. September 1823 in seinem Schlafzimmer ein »Engel« namens »Moroni«, Sohn eines gewissen »Mormon«, der angeblich im 5. Jahrhundert n. Chr. in Amerika als »christlicher Prophet« gewirkt hat.
Zeigen der Goldplatten
Moroni führte Smith auf den nicht weit von der elterlichen Farm entfernten
Hügel Cumorah und zeigte ihm dort eine im Boden vergrabene Steinkiste,
die eine »Prophetenbrille« und einige in Form eines Ringbuches
angeordnete »Goldplatten« mit altertümlichen Schriftzeichen enthielt.
Gleichzeitig gebot er dem jungen Mann, nichts zu berühren und über
diesen Vorgang zu schweigen. Genau vier Jahre später habe Smith von
Moroni die gezeigten Gegenstände ausgehändigt bekommen mit dem Auftrag,
die Schriftzeichen, ein »abgewandeltes Altägyptisch«, zu »übersetzen«.
Der erste Eingeweihte und Helfer
Im April 1829 traf Smith den jungen Lehrer Oliver Cowdery, der von dieser Sache begeistert war und sich ihm als Schreiber zur Verfügung stellte, bis Smith das Werk im August 1829 abschloß.
Vorgang der Übersetzung
Den Vorgang der »Übersetzung« schilderte David Whitmer, ein Freund Smiths, so:
»Smith legte die "Prophetenbrille" in einen Hut und zog sich diesen
vor das Gesicht, um das Tageslicht abzuschirmen. In dem sogleich
aufstrahlenden "himmlischen Licht" sah er die Zeichen auf den Goldplatten
mit der jeweiligen englischen Bedeutung darunter, die er dem hinter
einem Vorhang sitzenden Cowdery diktierte« (An Address to All Believers, S. 17f).
Rückgabe der Platten. "Heiliges" Buch Mormon.
Sofort nach Beendigung seines Auftrages mußte Smith die Platten
und die Brille an Moroni zurückgeben. Im März 1830 wurde die
»Übersetzung« unter dem Titel »Das Buch Mormon« in Palmyra/N.Y.
veröffentlicht und in einer Auflage von 5000 Exemplaren gedruckt.
Die Mormonen sehen in diesem Werk eine »neue Offenbarung Gottes«
und stellen es als »Heilige Schrift« der Bibel an die Seite.
Beginn des organisierten Mormonismus. "Wiederherstellung" der Priesterschaft
Der organisierte Mormonismus begann mit der »Wiederherstellung
des Priestertums«. Im Mai 1829, so behauptete Smith, hätten er
und Oliver Cowdery von »Johannes dem Täufer« am Susquehanna-Fluß/N.Y.
das einfache »Aaronische« und einige Wochen später von den
»Aposteln Petrus, Jakobus und Johannes« das höhere »melchizedekische
Priestertum« übertragen bekommen.
Gründung der Kirche
Am 6. April 1830 gründete er mit fünf Freunden in
Fayette/N.Y die »Kirche Jesu Christi«, die 1838 durch
eine besondere »Offenbarung« noch den Zusatz »der
Heiligen der Letzten Tage« erhielt.
Joseph Smith wurde zum »Seher, Propheten und Offenbarer« bestimmt.
Die Bewegung breitet sich aus. Konflikte mit der Umwelt.
Die neue Gemeinschaft gewann bald zahlreiche Anhänger und breitete
sich vom Frühjahr 1831 an weiter nach Westen aus. Ohio (Errichtung
des ersten Tempels in Kirtland), Missouri und Illinois waren die
wichtigsten Etappen. Aufgrund der vielen »neuen Offenbarungen«
ihres »Propheten« bildeten sich im Laufe der Zeit unter den »Heiligen«
immer fremdartigere Lehren und Praktiken heraus, so daß diese
Gemeinschaft von der kirchlich geprägten Umwelt bald nicht mehr
akzeptiert werden konnte. Deshalb ist es kaum verwunderlich,
daß die Geschichte der Mormonen bis zum Tode ihres Führers,
aber auch später noch, von ständigen Unruhen und feindlichen Begegnungen
mit Nicht-Mormonen und staatlichen Behörden gekennzeichnet war.
Außereheliche Beziehungen
In Nauvoo/Ill., einer von Smith in den 30er Jahren gegründeten
Siedlung am Ufer des Mississippi, erfüllte sich das Schicksal des
»Propheten«. Obwohl seit 1827 mit Emma Hale verheiratet, hatte
Smith mit vielen Frauen außereheliche Beziehungen, was wiederum
häufig Anlaß für kritische Zeitungsberichte des ehemaligen Mormonen
Dr. Robert Foster war.
Gefängniss und Tod Smiths
Auf die entsprechenden Veröffentlichungen
reagierte Smith eines Tages mit der Zerstörung der Redaktionsräume
und der Druckmaschinen. Diese Aktion brachte ihn im Gegenzug in
das Bezirksgefängnis von Cathage/III., wo er und sein Bruder
Hyrum am 17. Juni 1844 bei der Erstürmung
des Gefängnisses durch eine empörte Volksmenge erschossen wurden.
Machtkämpfe um Nachfolge
Nachdem sich die durch den Tod des Religionsgründers ausgelöste
Verwirrung etwas gelegt hatte, setzten die Kämpfe um die Nachfolge ein.
Aus ihnen ging der ehemalige Zimmermann und Vorsitzende des
»Apostelkollegiums« Brigham Young (1801-1877) als Sieger hervor
und wurde zum neuen Anführer und »Propheten« gewählt. Wer die
getroffene Entscheidung nicht anerkennen wollte, wie etwa die
Familie Joseph Smiths, gründete einfach eine eigene mormonische
Gemeinschaft, von denen heute noch mehr als 110 ein bescheidenes
Dasein fristen. Die größte von ihnen ist die »Reorganisierte Kirche Jesu Christi
der Heiligen der Letzten Tage« mit Hauptsitz in Independence/Mo.
Umzug nach Westen
Als im September 1845 von der alteingesessenen Bevölkerung der Abzug
der Mormonen aus Illinois gefordert wurde, organisierte B. Young
1845/46 den großen Zug nach dem Westen. Rund 15 000 erreichten
von Juli 1847 ab nacheinander das Große Salzseetal der Rocky Mountains.
Man hatte sich für diese Wildnis, gegen Kalifornien und Oregon,
entschieden, um »lange Zeit unter sich sein zu können«. In beachtlicher
Pionierarbeit verwandelten die Siedler das Wüstengebiet in eine Kulturlandschaft
mit dem Zentrum Salt Lake City, was ihnen hohe Anerkennung eintrug.
Probleme mit dem US-Kongress wegen Vielehe
Dennoch gab es große Schwierigkeiten mit dem Kongreß in Washington,
als das »Deserét-Territory« genannte Gebiet ein Teil der USA werden wollte.
Grund der Kontroverse war die auf einer angeblichen »Offenbarung« Joseph
Smiths von 1842 basierende und seit ihrer Einführung durch B. Young
1852 offiziell gelehrte und ausgeübte Vielehe: Danach war es einem
Mann erlaubt, bis zu zehn Frauen zu ehelichen (LuB 132). Erst als
der Mormonen-Präsident Wilford Woodruff die Praxis der Vielehe 1890
(erzwungenermaßen) außer Kraft setzte - die Polygamie-Offenbarung als
solche wurde jedoch nie in Frage gestellt -, konnte das Mormonen-Territorium 1896
als Bundesstaat »Utah« in die Vereinigten Staaten aufgenommen werden.
Missionierung in der ganzen Welt
Durch eine äußerst rührige und gezielte Mission verbreitete sich die
Glaubensgemeinschaft der »Heiligen der Letzten Tage« über die ganze Erde.
Anfänge in Deutschland
In Deutschland fand im September 1851 die erste Mormonen-»Taufe« in der
Elbe bei Hamburg statt. Dort wurde im April 1852 auch die »Deutsche Mission«
organisiert und am 1. August des gleichen Jahres die erste, zwölf Mitglieder umfassende
Gemeinde gegründet. 1852 erschien das »Buch Mormon« in deutscher Sprache.
Entwicklung in Deutschland
Um 1900, nach knapp 50 Jahren Werbetätigkeit, gab
es nur ca. 1 200 Anhänger des mormonischen Glaubens in
Deutschland, die zu 35 Gemeinden gehörten. Dabei ist allerdings
zu beachten, daß in diesem Zeitraum einige Tausend Neubekehrte
nach Amerika ausgewandert waren. Kurz vor dem Zweiten Weltkrieg
lebten in Deutschland rund 15 000 Mormonen, denen zwischen 1935
und 1945 gewisse Beschränkungen in der Mission auferlegt waren.
Nach dem Krieg konnte die Missionstätigkeit wieder ungehindert ausgeübt werden.
Letzter Stand der Dinge
Zur Zeit wird die Zahl der Mormonen in Deutschland mit rund 38 000 angegeben,
die in über 170 Gemeinden organisiert sind.
Weltweit sind es rund 10 Millionen in über 20.000 Gemeinden.
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Ins Netz gesetzt am 20.06.2006; letzte Änderung: 29.12.2016
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